In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 18. Juli 2012 (XII ZR 97/09) grenzte sich der XII. Zivilsenat gegenüber älteren Urteilen des VIII Senats ab (Abgrenzung zu den BGH Urteilen vom 24. März 2004 – VIII ZR 295/03 und vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09): Es ging es um die Frage, wann und wie weit bei Gewerberaummiete wegen einer sogenannten Minderfläche die Miete gemindert werden kann.
Von einer Minderfläche spricht man, wenn die tatsächliche Fläche nicht der im Mietvertrag vereinbarten Fläche entspricht. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieses regelmäßig einen Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__536.html) darstellt, der nach gleichem Paragraph (Abs. 1 Satz 2) zur angemessenen Herabsetzung der Miete berechtigt.
Die zunächst für den Wohnraummietvertrag entwickelten Grundsätze der Herabsetzung der Miete bei Minderflächen gelten nach Ansicht des BGH auch für Mietverträge über Gewerbefläche und Geschäftsräume. Wichtig für den Mieter ist, dass allein die Tatsache der (bei „ca.-Angaben“ nicht nur unerheblichen) Minderfläche den Minderungsanspruch begründet. Er muss für den Anspruch als solchen nicht noch zusätzlich beweisen, dass durch die Minderfläche etwa die Tauglichkeit oder der zweckbestimmte Gebrauch der Mietsache eingeschränkt sind.
Im vorliegenden Fall des BGH war die qm-Angabe mit einem „ca.“ versehen. Dazu hatten beide Parteien ein gewisses Maß an Abweichung zu tolerieren. Die Toleranzgrenze war jedoch bei einer Differenz von 10% erschöpft.
Der Unterschied zwischen Wohnraummiete und Gewerbemiete kam bei der Art der Fläche zum Tragen. Während bei Wohnraumflächen die Kellerräume als Zubehörräume erst gar nicht der Grundfläche zugerechnet werden, ergibt sich bei Gewerberäumen eine größere Freiheit.
Der BGH urteilte nun in seinem Leitsatz: „Lässt sich im Fall einer Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche bei der Geschäftsraummiete die Minderfläche eindeutig Nebenräumen (hier: Kellerräume) zuordnen, so darf die Minderung nicht pauschal nach dem prozentualen Anteil der fehlenden Fläche an der vertraglich vereinbarten Gesamtfläche berechnet werden.“ Vielmehr müsse eine angemessene Herabsetzung des Mietzinses den geringeren Gebrauchswert dieser Räume in Rechnung stellen.
Damit schließt also die Tatsache, dass es sich „nur“ um Kellerräume handelt, den Mangel nicht aus. Eine Berücksichtigung dieser Tatsache ergibt sich jedoch bei der Minderungshöhe. Anknüpfungspunkt ist, dass § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB den Mieter berechtigt, die Miete „angemessen“ herabzusetzen. Aus dieser Anforderung schloss der BGH, dass eine reine quantitative Betrachtung (Anteil der Kellerräume an der Gesamtfläche = Minderungsanteil) nicht angemessen sei, sondern dass dazu auch die Frage wichtig sei, in welchem Ausmaß die Minderfläche in Bezug auf die Gesamtfläche eine Gebrauchsbeeinträchtigung darstelle. Da Kellerräume regelmäßig einen geringeren Nutzen aufweisen, könne die Minderung auch nicht 1:1 in Bezug auf die Gesamtfläche angesetzt werden.
Erweist sich allerdings, dass in einem konkreten Fall Kellerräume die gleiche Relevanz und den gleichen Nutzwert für den Mieter haben wie die anderen Geschäftsräume, stünde einer reinen flächenmäßigen Berechnung der Minderung nichts im Wege. Dies war aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Hier war durch die dem Gericht vorliegenden Mietverträge eindeutig, dass die Kellerräume „nur“ als Lager angemietet worden waren und somit (im Vergleich zu einem Gastraum und anderen Nebenräumen des Ladenlokals) einen geringeren Nutzwert für den Mieter aufwiesen.
Die genannten Grundsätze gelten jedoch zunächst nur bei Gewerberäumen. Wie erwähnt sieht es bei Mietverträgen über Wohnraum anders aus: Zum einen ist es in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass bei Wohnraummietverträgen der Minderanteil rein flächenmäßig als Minderungsanteil angesetzt werden darf, mithin keine Unterscheidung nach dem Nutzwert der Minderfläche zu treffen ist (BGH, Urteil vom 10. 3. 2010 – VIII ZR 144/09: „Denn ein zur Minderung berechtigender Mangel der Mietsache ist allein schon dann anzunehmen, wenn die tatsächliche Fläche von der im Mietvertrag angegebenen Quadratmeterzahl um mehr als 10% nach unten abweicht […]. Ist dies der Fall, so ist auch die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert, ohne dass es auf einen Nachweis einer konkreten Beeinträchtigung des Mieters durch die Flächenabweichung ankommt […].). Zum anderen wäre eine Konstellation wie im besprochenen Fall bei Wohnraummietverträgen schon deshalb nicht möglich, weil dort die Kellerräume nicht zur Betrachtung der Gesamtfläche hinzugezogen würden