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Fluggesellschaften dürfen keine Strafgebühren für den Nichtantritt eines Fluges verlangen

Damit setzte sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) in zwei Urteilen gegen die Fluggesellschaften Air France und KLM vor dem Landgericht Frankfurt durch. In den beiden am 02.04.2020 verkündeten und vom vzbv am 15.05.2020 veröffentlichten Urteilen erachtet das Frankfurter Gericht Strafzahlungen von 125 Euro bis zu 3.000 Euro für Kunden, die nicht alle gebuchten Flüge oder Flüge nicht in der gebuchten Reihenfolge antreten, für unwirksam.

Gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beiden Fluggesellschaften für Onlinebuchungen sollte der gebuchte Ticketpreis nur für Flüge gelten, die die Passagiere vollständig und in der von ihnen gebuchten Reihenfolge antreten.

Die Airlines wollten damit offensichtlich vermeiden, dass Kunden günstigere Flugkombinationen buchen, die sie teilweise nicht nutzen wollten. denn oftmals bieten die Fluggesellschaften ihre Hin- und Rückflüge günstiger ans als ein One-Way-Ticket der gleichen Strecke. Auch kann ein einheitlicher Flug über mehrere Teilstrecken günstiger sein, als eine der Teilstrecken einzeln zu buchen. Die Strafzuschläge für einen Nichtantritt oder eine geänderte Reihenfolge sollten diese Schnäppchenjagd für die Kunden preislich unattraktiv machen.

So verlangten die Airlines für Flüge innerhalb Europas abhängig von der gebuchten Buchungsklasse 250 Euro bis 500 Euro zusätzlich. Bei Langstreckenflügen betrug der Zuschlag 500 bis zu 3.000 Euro. Außerdem verlangte KLM bei vorzeitigem Abbruch der Flugreise zusätzlich 275 Euro für die Herausgabe des Aufgabegepäcks.

Das LG Frankfurt sah die Klauseln als Unwirksam an, da sie die Verbraucher unangemessen benachteiligten, § 307 Abs. 1 BGB. Die Kunden als Gläubiger der Flugleistung seien berechtigt, nur einen teilbaren Teil der Gesamtleistung vom Schuldner (Airline) zu fordern, sofern dieser Teilforderung nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehe. Um eine solche teilbare Leistung handele es sich, wenn ein Kunde eine Flugreise mit mehreren Beförderungsvorgängen buche.

Richtig sei zwar, dass der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden habe, dass es zulässig sei, wenn in den Beförderungsbedingungen bestimmt sei, dass bei Nichtinanspruchnahme einer Teilleistung für die verbleibenden Teilleistungen dasjenige Entgelt zu zahlen sei, das zum Zeitpunkt der Buchung für diese Teilleistung verlangt wurde, wenn dieses Entgelt höher ist als das tatsächlich vereinbarte Entgelt (BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. Xa ZR 5/09). Dies sei aber bei den pauschalisierten Strafzuschlägen der Fluggesellschaften Air France und KLM eben nicht der Fall, da diese wegen ihrer Pauschalisierung nicht an dem tatsächlich gezahlten Entgelt und dem Entgelt einer Teilleistungen anknüpfe würden. Die Zusatzgebühren fielen schließlich auch an, wenn der Preis für die gebuchten Flüge gar nicht günstiger war als für die geflogene Teilstrecke.

Ebenso würden die pauschalisierten Zuschläge nach den AGB der Airlines auch dann fällig, wenn der Kunde einen Zubringerflug verpasst habe oder den Urlaub verlängern wolle und deshalb den Rückflug nicht antreten wolle oder könne. Diese Gründe haben aber keinen Bezug zum Schutz der Tarifstruktur.
Beide Urteile sind nicht noch nicht rechtskräftig.

Die Urteile sind auf der Webseite des vzbv als PDF veröffentlicht (externe Links):
Urteil des LG Frankfurt Az. 2 – 24 O 48/19
Urteil des LG Frankfurt Az. 2 – 24 O 47/19

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Recht Reiserecht

Flugvermittler muss Aufpreise für Gepäckaufgabe deutlich angeben

In der 2. Instanz hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden, dass ein Online-Vermittler von Flugreisen auf seiner Webseite auch die Zusatzkosten für die Aufgabe von Gepäckstücken angeben muss.

Weiterhin wurde entschieden, dass sich der Flugpreis, den das Portal zuvor bei Buchungsbeginn benennt, nicht nachträglich erhöhen darf, wenn der Kunde als Bezahlart die Kreditkarte wählt.

Klägerin war die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Beklagte war die Travel24.com AG. Die Klägerin hatte wegen lückenhafter und irreführender Preisangaben auf dem Portal der Beklagten Klage erhoben.

Dabei monierte die Verbraucherzentrale Bundesverband insbesondere, dass bei Buchungen über das Portal der Beklagten lediglich darauf verwiesen werde, dass der dort angegebene Flugpreis kein Freigepäck enthalte. Über die Höhe des zusätzlichen Entgeltes für die Gepäckaufgabe schwieg sich die Buchungsseite aus.

Das Oberlandesgericht sah darin einen Verstoß gegen die Luftverkehrsdienste-Verordnung der EU gesehen.

Nach Artikel 23 Absatz 1 der VERORDNUNG (EG) Nr. 1008/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft gilt:

Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form – auch im Internet – für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern undGebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen:
a) der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate,
b) die Steuern,
c) die Flughafengebühren und
d) die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen, soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente undeindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangsmitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis.

Nach dem Oberlandesgericht setze ein effektiver Preisvergleich voraus, dass der Verbraucher auch über die Preise von Zusatzleistungen, der er gegebenenfalls hinzubuchen möchte in Kenntnis gesetzt werde. Dies gelt insbesondere bei besonders günstigen Flugpreisen, bei denen die zusätzlichen Gepäckkosten im Vergleich zum eigentlich Flugpreis von erheblicher Bedeutung seien.

Zudem hatte die Beklagte den bei Buchung ausgewiesenen Flugpreis zu niedrig angesetzte, denn dieser Preis enthielt – für den Buchungen zunächst nicht hinreichend erkennbar – einen Nachlass von 19,99 Euro pro Strecke, der aber nur dann gewährt wurde, wenn der Buchende mit einer Mastercard des Portals („Travel24.com Mastercard Gold“) zahlte.
Für Buchende ohne „Travel24.com Mastercard Gold“ erhöhte sich der Preis bei abschließender Buchung um einer sorgenannte „Service-Fee“ von 19,99 Euro pro Strecke oder 39,98 Euro für Hin- und Rückflug.

In diesem Punkt korrigierte das Oberlandesgericht Dresden das vorinstanzliche Landgericht und erkannte in dem Rabatt für die hauseigene Mastercard der Beklagten eine unzulässige Zahlungsmittelgebühr. Dies widerspreche dem EU-Recht, wonach die Anbieter von Flugreisen verpflichtet seien, eine kostenlose, gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit anzubieten. Eine solche sei jede gängige Kreditkarte. Die hauseigene „Travel24.com Mastercard Gold“ sei dies hingegen nicht, woraus aus der Service Fee „Service-Fee“ von 19,99 Euro pro Strecke eine nicht zulässige Zahlungsmittelgebühr erwachse.

OLG Dresden, Urteil vom 29.10.2019, Az. 14 U 754/19