Das Amtsgericht München hatte über einen kuriosen und rechtlich interessanten Fall zu entscheiden: Ein Privatverkäufer versandte ein gebrauchtes MacBook Pro im Wert von 2.924,21 € an einen professionellen Online-Gebrauchtwarenhändler. Das Gerät wurde sorgfältig in der Originalverpackung, gepolstert mit Zeitungspapier, in einem neuen Karton verpackt und an vier Stellen mit Klebeband verschlossen. Der Versand erfolgte als versichertes Paket über eine Kundenservicestelle des Paketdienstleisters, der Verkäufer erhielt eine Quittung und eine Trackingnummer.
Beim Empfänger angekommen, enthielt das Paket jedoch nicht den versandten Laptop, sondern lediglich drei Packungen Mehl. Der Onlinehändler dokumentierte den Inhalt per Fotos und informierte den Versender. Dieser forderte daraufhin Schadensersatz vom Paketdienstleister, der jedoch die Zahlung verweigerte und pauschal bestritt, dass sich jemals ein Laptop im Paket befunden habe. Der Verkäufer klagte auf Ersatz des Warenwerts, der Versandkosten sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten – insgesamt 2.977,41 €.
Entscheidung des Amtsgerichts München
Das Amtsgericht München gab dem Kläger vollumfänglich Recht und verurteilte den Paketdienstleister zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes. Das Gericht stützte seine Entscheidung insbesondere auf folgende Erwägungen und gesetzliche Grundlagen:
- Haftung des Frachtführers nach §§ 425, 429 Abs. 1, 3 HGB: Der Paketdienstleister als Frachtführer haftet grundsätzlich für den Verlust oder die Beschädigung des Transportguts zwischen Übernahme und Ablieferung. Die Haftung ist verschuldensunabhängig, der Frachtführer kann sich nur entlasten, wenn er nachweist, dass ihn kein Verschulden trifft (§ 426 HGB).
- Ersatz der Transportkosten nach § 432 HGB: Im Falle des Verlusts der Sendung ist der Frachtführer auch verpflichtet, die Transportkosten zu ersetzen.
- Beweiswürdigung: Das Gericht hielt die Schilderungen des Klägers für nachvollziehbar und glaubwürdig. Die Vorlage der Versandquittung, der Trackingnummer und die Fotos des geöffneten Pakets belegten die ordnungsgemäße Aufgabe und den Inhalt des Pakets. Die Aussage des Logistikmitarbeiters beim Empfänger, der das Paket öffnete und den Mehlinhalt dokumentierte, bestätigte den Ablauf zusätzlich.
Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger oder der Empfänger falsche Angaben gemacht hätten. Der Paketdienstleister konnte weder nachweisen, dass das Paket leer aufgegeben wurde, noch dass der Verlust außerhalb seines Einflussbereichs lag. Damit war die Haftung ausgelöst.
Zivilrechtlicher Hintergrund: Gefahrübergang beim Versendungskauf
Das Urteil beleuchtet auch die zivilrechtliche Risikoverteilung beim Versendungskauf: Grundsätzlich geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung der Kaufsache beim Versendungskauf mit der Übergabe an den Transporteur auf den Käufer über (§ 447 Abs. 1 BGB). Im vorliegenden Fall, bei dem der Käufer Unternehmer ist, war dies gegeben. Allerdings bleibt die Frachtführerhaftung nach dem HGB hiervon unberührt – der Paketdienstleister haftet unabhängig vom Gefahrübergang zwischen Verkäufer und Käufer.
Fazit
Das Urteil des AG München (Az. 123 C 14610/24) bestätigt die strenge Haftung des Paketdienstleisters bei Verlust oder Beschädigung von Transportgut nach Übernahme der Sendung. Der Frachtführer muss im Zweifel beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft – gelingt ihm dies nicht, haftet er auf Schadensersatz in voller Höhe einschließlich Transport- und Anwaltskosten. Für Versender bedeutet dies eine erhebliche rechtliche Sicherheit, sofern sie den Versand und den Inhalt des Pakets ausreichend dokumentieren. Für Paketdienstleister bleibt das Risiko hoch, insbesondere bei hochwertigen Gütern und widerspruchsfreien Beweislagen zugunsten des Absenders.
Urteil des Amtsgerichts München vom 26.09.2024
Aktenzeichen: 123 C 14610/24