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Haftung des Bauherrn für die Lohnforderungen eines Arbeitnehmers des Subunternehmers?

Haftet ein Bauherr für die Lohnforderungen eines Arbeitnehmers des Subunternehmers?

Nein, sagt das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 03.05.2017, Az. 14 Ca 14814/16), jedenfalls dann nicht, wenn der Bauherr nicht als Bauträger anzusehen ist, der das Gebäude im Anschluss an die Errichtung unmittelbar veräußert, sondern es als Bauherr nach der Errichtung für eigene wirtschaftliche Zwecke nutzt.

Im Rahmen des Baus der Mall of Berlin am prestigeträchtigen Leipziger Platz in Berlin war ein Bauarbeiter im Jahr 2014 für einen Subunternehmer des Generalunternehmers tätig gewesen. Der Arbeiter hatte zunächst seinen Arbeitgeber auf Zahlung des Mindestlohns verklagt und diesen Prozess auch gewonnen. Seinen Anspruch durchsetzen konnte er jedoch nicht.

Nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) haftet auch der vom Bauherrn mit der Errichtung eines Bauvorhabens beauftragte Generalunternehmer, wenn ein Subunternehmer den Arbeitslohn der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht zahlt.
Im vorliegenden Fall half diese Regelung dem Arbeiter jedoch nicht, da der Generalunternehmer inzwischen Insolvenz angemeldet hatte. Daraufhin entscheid sich der Bauarbeiter, nunmehr direkt den Bauherrn des Projekts, die HGHI Leipziger Platz GmbH & Co. KG, zu verklagen, da diese nach seiner Ansicht für die ausgebliebenen Lohnzahlungen hafte.

Es stellte sich die Frage, ob der Bauherr wie ein haftender Generalunternehmer bzw. nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als haftender Bauträger anzusehen sei. Denn das höchste deutsche Arbeitsgericht hatte 2012 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.05.2012, Az. 10 AZR 190/11) entschieden, dass auch ein Bauträger für die Einhaltung des Mindestlohn und die Abführung der Beiträge zur Sozialkassen der Bauwirtschaft durch den Subunternehmern hafte, wenn er Gebäude im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichte, um sie während oder nach der Bauphase zu veräußern (Leitsatz: „Ein Bauträger, der Gebäude im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichten lässt, um sie während oder nach der Bauphase zu veräußern, ist Unternehmer iSv. § 1a AEntG aF.“, Anmerkung: Die Regelung ist heute in § 14 AEntG enthalten).

Der klagende Bauarbeiter hatte vor dem Arbeitsgericht Berlin vorgetragen, die HGHI Leipziger Platz GmbH & Co. KG habe von Beginn an beabsichtigt, die sich in der Mall of Berlin befindlichen Geschäftsräume zu vermieten, sie sei damit einem Bauträger im vorgenannten Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gleichzustellen, der Bauherr hafte daher für den Mindestlohn und die Sozialabgaben der Subunternehmer des Generalunternehmers.

Dieser Argumentation folgte das Arbeitsgericht Berlin nicht. Es urteilte, dass ein „Bauträger“ im Sinne des AEntG und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur derjenige sei, der ein Gebäude errichte, um es anschließend gewinnbringend zu veräußern. Ein Bauherr, der im Anschluss an die Errichtung – zum Beispiel durch die Vermietung der Ladenlokale – einen dauerhaften wirtschaftlichen Nutzen aus dem Gebäude ziehe, sei zwar „Bauherr“, aber eben nicht „Bauträger“ im haftungsrechtlichen Sinne.

Das Urteil kann mit der Berufung angegriffen werden.

Die Ausweitung des Unternehmerbegriffs auf jedweden baubeauftragenden Auftraggeber entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die Bürgenhaftung des früheren § 1a und jetzigen § 14 AEntG sollte lediglich den Generalunternehmers in die Pflicht nehmen. Dieser sollte sich nicht durch mangelhafte Auswahl der Subunternehmer oder geschickt konstruierter Subunternehmerstrukturen der Haftung für den Mindestlohn und den Beiträgen zur Sozialkasse entziehen dürfen. Er sollte zudem darauf achten, dass die von ihm ausgewählten Unternehmer den Anforderungen der den Arbeiter schützenden Vorschriften des AEntG auch einhalten. Diese Haftung auf jedweden Bauherrn zu übertragen, würde das Risiko des Bauherrn für derartige Projekte immens erhöhen. Er muss darauf vertrauen können, mit sorgsamer Auswahl seines Generalunternehmers seiner Sorgfaltspflicht zu genügen.

Ob der Rechtsstreit in die nächste Instanz geht und wie diese entscheiden wird, ist schwer abzuschätzen.

Auch wenn dieses erstinstanzliche Urteil die Bürgenhaftung nicht ausgeweitet hat, ist dem Bauherrn für die Praxis zu raten, sich möglichst weitgehend durch entsprechende Vereinbarungen hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften und der Auswahl der Subunternehmer gegenüber dem Generalunternehmer abzusichern.

Auch wäre die Forderung nach einer Sicherheitsleistung denkbar. Für den Fall des Verstoßes gegen die Vereinbarungen zur sorgfältigen Auswahl der Subunternehmer bzw. zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften könnten außerordentliche Kündigungsrechte und Vertragsstrafen vereinbart werden. Diese könnten die Absicherung des Bauherrn über die ohnehin bestehenden Möglichkeiten des Bürgenregresses oder des Gesamtschuldnerausgleichs erweitern. Diese regelungen sollten einzelvertraglich vereinbart werden und nicht allein über standarisierte Einkaufs-, Auftrags- oder Geschäftsbedigungen.

Der Versuch einer Absicherung durch das vertragliche Abwälzen der Haftung allein auf den Generalunternehmer bzw. durch einen vertraglichen Haftungsausschluss ist wenig zielführend, da die Haftung nach dem AEntG zwingendes Recht ist. Am Ende muss jeder, der sich auf diesem Gebiet wirtschaftlich betätigt und die Umsetzung in die Hände Dritter legt, darauf achten, dass er bei der Auswahl der Unternehmer sorgfältig und gewissenhaft vorgeht. Erweckt bereits das Angebot  den Verdacht, dass dieses nur unter Umgehung zwingender arbeitnehmerschützender (Lohn-) Vorschriften kalkuliert werden konnte, sollte sich der vorsichtige Bauherr – trotz des jetzt gefällten Urteil des Arbeitsgerichts Berlin für den das Gebäude nutzenden Bauherrn- überlegen, ob er das Risiko der möglichen Haftung eingehen möchte.

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Allgemeines Recht

Der Entwurf zum neuen BKA-Gesetz – Wieder Vertrauensschutz für Mandatsverhältnisse

Die Tatsache, dass der am 01.02.2017 vom Kabinett beschlossene Entwurf zur Neustrukturierung des BKA-Gesetzes das besondere Verhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt wieder stärkt, ist zu begrüßen. Bedauerlich ist, dass es dazu eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts bedurfte.

Der jetzt beschlossene Entwurf setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das das BKA-Gesetz 2008 im Urteil vom 20 April 2016 (1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09) teilweise für verfassungswidrig erklärt hatte, sowie Vorgaben der europäischen Richtlinie 2016/680/EU zum Datenschutz in Strafsachen um.

Im November 2008 hatte der Deutschen Bundestag eine Neufassung des BKA-Gesetzes (Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt) mit der Mehrheit der Stimmen von CDU/CSU und SPD verabschiedet, das nach einigen vom Bundesrat geforderten Änderungen zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten war.

In § 20u Abs. 1 BKA-Gesetz über den Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen wurden nur Berufsgeheimnisträger nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 StPO unter den absoluten Schutz gestellt. Dies sind – in Kürze – Geistliche, Parlamentarier und Strafverteidiger. Rechtsanwälten, die nicht in der Funktion als Strafverteidiger tätig waren, wurde nach § 20u Abs. 2 BKA-Gesetz nur ein relativer Schutz zuteil (Berücksichtigung im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Würdigung des öffentlichen Interesses).

Gegen das 2008er BKA-Gesetz erhoben mehrere Personen Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.

Hinsichtlich des Vertrauensschutzes für Rechtsanwälte wurde insbesondere die willkürliche Unterscheidung von Rechtsanwälten in der Funktion des Strafverteidigers und Rechtsanwälten in sonstiger anwaltlicher Funktion bemängelt, da das BKA-Gesetz der Prävention von Straftaten dienen sollte. Aber im Bereich der Prävention liegt in der Regel noch gar keine Straftat vor und damit auch kein Strafverteidigungsverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt. Zudem sind die Übergänge von einem nicht strafverteidigenden Gespräch zu einem Gespräch mit Strafverteidigungsauftrag oftmals fliessend, so dass kaum kontrolliert werden könnte, ab wann die Ermittlungsbehörden aufhören müssten, das Gespräch zu überwachen. Es dürfen auch berechtigte Zweifel daran geäußert werden, dass Ermittler mitten in einem abgehörten Telefonat die Überwachung exakt an dem Punkt beenden, an dem aus dem Mandatengespräch des Rechtsanwalts plötzlich ein Strafverteidigungsgespräch wird.

Dieser Argumentation folgte das Bundesverfassungsgericht und urteilte:

Verfassungsrechtlich nicht tragfähig ist insoweit allerdings die Ausgestaltung des Schutzes der Vertrauensverhältnisse von Rechtsanwälten zu ihren Mandanten. Die vom Gesetzgeber herangezogene Unterscheidung zwischen Strafverteidigern und den in anderen Mandatsverhältnissen tätigen Rechtsanwälten ist als Abgrenzungskriterium für einen unterschiedlichen Schutz schon deshalb ungeeignet, weil die in Frage stehenden Überwachungsmaßnahmen nicht der Strafverfolgung, sondern der Gefahrenabwehr dienen, die Strafverteidigung also hier gerade nicht entscheidend ist.

Wie genau diese Vorgabe umzusetzen sei, gab das Bundesverfassungsgericht – wie üblich – nicht vor. Es ist zu begrüßen, dass das Kabinett bei dem jetzt vorliegenden Entwurf nicht der Versuchung erlegen war, Teile der rechtsanwaltlichen Tätigkeit oder bestimmte Mandatsverhältnisse auszunehmen. § 61 Abs. 1 Satz 7 und Abs. 2 Satz 3 des Neuentwurfes fassen Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände ausdrücklich wieder unter den absoluten Schutz.

Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung zum Entwurf des neuen BKA-Gesetzes

Zu § 62 (Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen)
§ 62 entspricht weitgehend dem bisherigen § 20u. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, aaO, Randnummer 257) hat die Unterscheidung zwischen Strafverteidigern und den in anderen Mandatsverhältnissen tätigen Rechtsanwälten als Abgrenzungskriterium für einen unterschiedlichen Schutz als verfassungsrechtlich nicht tragfähig erachtet. Der neue Satz 7 des Absatzes 1 trägt diesem Umstand Rechnung und bezieht sämtliche Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände in den Schutzbereich ein. Durch die Einfügung des neuen Satzes 3 in Absatz 2 werden sämtliche Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände in den Schutzbereich einbezogen.

Diese Zweiteilung zwischen Strafverteidigung und normalem rechtsanwaltlichem Mandatsverhältnis gab es bereits an anderer Stelle und wurde, ohne dass das Bundesverfassungsgericht bemüht werden musste, vom Gesetzgeber selber aufgehoben. Der zum 01.01.2008 neu in Kraft gesetzte § 160a der Strafprozessordnung (StPO) über Ermittlungsmaßnahmen gegen zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgeheimnisträgern war ebenfalls von der Großen Koalition beschlossen worden (Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG -VDSG). Dagegen hatte sich Widerstand breit gemacht. Die Bundesrechtsanwaltskammer wandte sich auch an den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler.

Die Kommunikation zwischen Mandant und Scheidungsanwalt oder zwischen Klient und Psychotherapeut betrifft in aller Regel den absoluten Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung und muss daher genauso einem absoluten Beweiserhebungsverbot unterliegen wie die Kommunikation zwischen Mandant und Strafverteidiger

Presseinformation Nr. 36 vom 4. Dezember 2007

Mit der 17. Legislaturperiode des deutschen Bundestages wurde nach der Bundestagswahl 2009 zwischen den neuen Koalitionspartnern CDU/CSU und FDP auf Drängen der FDP vereinbart, dass Rechtsanwälte auch innerhalb des zum Februar 2011 geänderten § 160a StPO wieder unter den vollen Schutz fallen (Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vertrauensverhältnissen zu Rechtsanwälten im Strafprozessrecht). Warum es für die nun vollzogene Änderung des inhaltsentsprechenden neuen § 62 BKA-Gesetz einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und weiterer 6 Jahre bedurfte, ist wenig verständlich.

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Recht Urheberrecht

Kraftwerk gegen Moses Pelham u.a. – Bundesverfassungsgericht entscheidet über den Einsatz von Samples

Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016 zum Urteil vom 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13

Über 12 Jahre (oder ca. 378.432.000 Sekunden) streiten sich der Rap-Produzent und die Pioniere des Elektropop um einen 2-Sekunden-Beat. Im Jahr 1997 entnahm Moses Pelham dem Kraftwerk Stück „Metall auf Metall“ (1977) eine kurze Sequenz, die er als Endlosschleife unter den Song „Nur mir“ von Sabrina Setlur legte. Seit 2004 stehen sich die Kontrahenten daher vor allen Instanzen der Zivilgerichte gegenüber. Das Oberlandesgericht Hamburg hatte 2006 Pelham und Setlur die weitere Veröffentlichung des Stückes verboten und Kraftwerk Schadensersatz zugesprochen. Dagegen hatten sich die Rapper mit ihrer Revision zum Bundesgerichtshof gewandt. Dieser hatte 2012 das Urteil des OLG Hamburg dem Grunde nach bestätigt, indem es entschieden hatte, dass eine fremde Sequenz, auch wenn  sie nur 2 Sekunden dauere, nur dann kopiert werden dürfe, wenn eine Genehmigung vorliege oder die Sequenz dergestalt gehalten sei, dass sie nicht gleichwertig nachgespielt werden könne.

Dabei verneinte der Bundesgerichtshof einen Fall des § 24 Abs. 1 UrhG, der besagt:

§ 24 UrhG – Freie Benutzung
(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.

Gegen dieses Urteil wandte sich Pelham mit seiner Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht, das nunmehr entschied:

In der Abwägung zwischen den Interessen des Urhebers und den Inhabern der Tonträgerherstellerrechte einerseits und dem Künstler und seinem Recht auf Entfaltungsfreiheit anderseits kann die Kunstfreiheit überwiegen  und einen Eingriff in die Urheber- und Leistungsschutzrechte rechtfertigen.

Das Bundesverfassungsgericht musste sich mit dem Spannungsfeld und der Güterabwägung zwischen den gesetzlichen Vorschriften (Tonträgerherstellerrecht  aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und Recht auf freie Benutzung aus § 24 Abs. 1 UrhG) und den grundgesetzlich geschützten Rechten der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) und des Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 1 GG) auseinandersetzen.

Bei seinen Erwägungen hielt es das vom Bundesgerichtshof entwickelte Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz für ungeeignet, dieser notwendigen Interessenabwägung (verkürzt: Kunstfreiheit Pelhams versus Eigentumsrechte von Kraftwerk) gerecht zu werden.

Das Bundesverfassungsgericht erkennt sehr wohl das Recht des Urhebers an, sein Werk schützen und verwerten zu wollen. Ist der Eingriff in sein Urheberrechte und in seine Verwertungsmöglichkeit jedoch nur so geringfügig beschränkt wie im vorliegenden Fall, überwiegt das Recht des Komponisten auf die Freiheit, künstlerischen etwas Neues zu schaffen.

Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.
(Zitat aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016 zum Urteil vom 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13)

Dabei zeigt das Bundesverfassungsgericht eine erstaunliche Praxisnähe bzgl. der Schaffung von Musikwerken, die auf Samplings basieren:

Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trägt der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.

Der Verweis auf die Lizenzierungsmöglichkeit bietet keinen gleichwertigen Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit: Auf die Einräumung einer Lizenz zur Übernahme des Sample besteht kein Anspruch; sie kann von dem Tonträgerhersteller aufgrund seines Verfügungsrechts ohne Angabe von Gründen und ungeachtet der Bereitschaft zur Zahlung eines Entgelts für die Lizenzierung verweigert werden. Für die Übernahme kann der Tonträgerhersteller die Zahlung einer Lizenzgebühr verlangen, deren Höhe er frei festsetzen kann. Besonders schwierig gestaltet sich der Prozess der Rechteeinräumung bei Werken, die viele verschiedene Samples benutzen und diese collagenartig zusammenstellen. Die Existenz von Sampledatenbanken sowie von Dienstleistern, die Musikschaffende beim Sampleclearing unterstützen, beseitigen diese Schwierigkeiten nur teilweise und unzureichend.

(Zitat aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016 zum Urteil vom 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13)

Und das Bundesverfassungsgericht schlägt eine Bresche für den Hip-Hop:

Der Einsatz von Samples ist eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop. Die erforderliche kunstspezifische Betrachtung verlangt, diese genrespezifischen Aspekte nicht unberücksichtigt zu lassen.

(Zitat aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016 zum Urteil vom 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13)

Da dem Bundesverfassungsgericht ja gerne auch mal vorgeworfen wird, Gesetzgeber spielen zu wollen, sei nicht unerwähnt, dass das Gericht ausdrücklich betont, dass das Recht auf freie Benutzung aus § 24 UrhG  sehr wohl mit dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sei und es die Entscheidung des Gesetzgebers sei, dafür keine Vergütungspflicht zu fordern, es dem Gesetzgeber aber andererseits auch unbenommen sei, durch eine Änderung das Recht auf freie Benutzung mit einer Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung zu verknüpfen.

Dem Bundesgerichtshof empfiehlt das Verfassungsgericht, nicht zu übersehen, dass für Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002 die Urheberrechtsrichtlinie der Europäischen Union anwendbar sei und insoweit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Frage kommen könnte.

Die Entscheidung ist zu begrüßen.

Kunst entsteht oftmals durch das aufeinander Aufbauen verschiedener Genres, durch Referenzen neuer Stilrichtungen an alte. Hip-Hop und viele Rap Stücke sind auch deswegen entstanden, weil Rapper ihre Sprechkünste zu vorgefertigten Beats und Samples anderer Künstler entwickelt haben. § 24 UrhG gibt kein Recht zum stumpfen Kopieren von Liedern, dafür sorgt bereits sein Absatz 2. Das Bundesverfassungsgericht zeigt mit seinen Erwägungen zu den Risiken des Lizensierens und Nachspielens konkret auf, dass mit der restriktiven Auslegung des § 24 UrhG durch den Bundesgerichtshof das gesamte Genre des Samplings gefährdet wäre und dadurch eine ganze Kunstrichtung Gefahr laufen würde, sich stets an der Grenze des unerlaubten Urheber- bzw. Tonträgerherstellungsrechts zu bewegen. Der Hinweis an den Gesetzgeber zur Möglichkeit der Vergütungspflicht ist geschickt, denn er nimmt möglichen Kritikern des Urteils, die einen Kontroll- und Vergütungsverlust der Urheber und Rechteverwerter wegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts befürchten, mit Verweis auf den offenbaren Willen der Legislative den Wind aus den Segeln. 1979 nahmen  Nile Rodgers und Bernard Edwards von Chic den Disco Funk Song Good Times mit seiner unverwechselbaren Basslinie auf. Noch im gleichen Jahr produzierte die Sugarhill Gang den Rap Song  „Rapper’s Delight“, dessen Beat auf der Basslinie von Bernard Edwards basiert. Beim Rolling Stones Ranking landete „Rapper’s Delight“ hinter „The Message“ (Grandmaster Flash and the Furious Five) auf Platz 2 der “Besten Hip-Hop-Songs aller Zeiten”.

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Recht Verbraucherrecht

Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse

Während sich viele Urteilen der vergangenen Jahre mit der Frage beschäftigten, ob der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit der Bank kündigen oder wirksam widerrufen kann, behandeln inzwischen eine große Zahl von Gerichten die Frage, ob Bausparkassen den Bausparern alte und für die Sparer inzwischen lukrative Verträge kündigen können, wenn die Bausparer den Vertrag nach Zuteilungsreife weiter besparen und dabei von hohen Zinsen aus früheren Zeiten profitieren. Wie aus einer Pressemitteilung vom 01.02.2016 hervorgeht, hat der 31. Senat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 30.12.2015 (Az.: 31 U 191/15)  die Auffassung vertreten, dass die Banken mit Verweis auf § 489 BGB Abs. 1 Nr. 2 derartige Verträge 10 Jahre nach Zuteilungsreife ordnungsgemäß kündigen können. Es bestätigte damit ein vorinstanzliches Urteil des Landgerichts Münster.

§ 489 BGB – Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
1.  […]
2. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

Viele Bausparer haben in vergangenen Jahren Bausparverträge abgeschlossen, die einen attraktiven Sparzins beinhalten. Nachdem die Ansparzeit bis zur Zuteilung des geplanten Bausparkredits vergangen war, haben so manche Bausparer nicht den Kredit abgerufen, sondern den Vertrag mit den attraktiven Zinsen als Anlage weiter bedient. Im nun entschiedenen Fall hatte der Kläger 1991 einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 42.496,92 € abgeschlossen. Die jährliche Verzinsung des Bausparguthabens betrug 3,00%. Außerdem war vertraglich festgelegt, dass die Bausparkasse den Vertrag nicht kündigen dürfe, soweit der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfülle.
Als gegen Ende des Jahres 1997 die Zuteilungsvoraussetzungen für das Bauspardarlehen bzw. die Auszahlung des angesparten Betrages vorlagen, entschied sich der Kläger, das Darlehen weiter zu besparen. Schließlich kündigte die beklagte Bausparkasse Ende 2014 den Vertrag unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 30.06.2015. Der bausparende Kläger wollte mit seiner Klage feststellen lassen, dass die Kündigung unwirksam und der Bausparvertrag durch die Kündigung nicht beendet worden sei.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied jedoch, dass ein Bausparvertrag ein Darlehensvertrag sei, der die Besonderheit aufweise, dass innerhalb eines solchen Vertrages die beiden Vertragspartner zu unterschiedlichen Zeiten jeweils vertauschte Rollen einnähmen. Zu Beginn sei der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin. Mit Abruf der angesparten Summe und Zuteilung eines Bauspardarlehens würden sich dann die Rollen ändern und der Bausparer werde zum Darlehensnehmer und die Bausparkasse zur Darlehensgeberin. In der ersten Phase vor Zuteilung (also der Ansparphase) könne sich daher die Bausparkasse als Darlehensnehmerin auf § 489 BGB berufen. Die Regelung aus dem Paragraphen, wonach zunächst der vollständige Empfang des Darlehens gegeben sein müsse, sei für die Bausparkasse in dem Sinne zu verstehen, dass an die Stelle des vollständigen Darlehensempfanges die Zuteilungsreife trete.

Diese Entscheidung ist deswegen von Interesse, da sie zwei Fragen aufwirft:
Kann eine Bausparkasse, die ursprünglich einen Vertrag abgeschlossen hatte, der darauf gerichtet war, dass die Bausparkasse später als Darlehensgeberin agieren würde, überhaupt als Darlehensnehmerin innerhalb des Vertrages angesehen werden? Gegebenenfalls stellt sich nämlich das Sparen in der Ansparphase lediglich als unselbständiger Teil des späteren Baudarlehens dar.
Zum anderen dient die Vorschrift des § 489 BGB vornehmlich dem Verbraucherschutz. Ob es Sinn des Gesetzgebers war, Bausparkassen eine Möglichkeit zu geben, sich nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang der Leistung bzw. Zuteilungsreife vom Vertrag lösen zu können, erscheint zumindest fraglich.

Für die Ansicht der Bausparkassen spricht, dass das gesamte System des Bausparens auf der Idee beruht, dass in gewissen Phasen (den Ansparphasen) die Sparer Geld einzahlen, dafür einen Zins erhalten und die Bausparkassen das Geld gegen Darlehenszinsen an andere Darlehensnehmer als Baukredit weitergeben. Später, wenn der ursprüngliche Sparer seinen Baukredit nimmt, führen wieder neue Sparer dem System das Geld zu. Nehmen jedoch immer weniger Bausparer den Baukredit in Anspruch und belassen es bei dem Sparen, wandelt sich die ursprüngliche Idee in eine reine Sparidee. Dann aber müsste sich die Bausparkasse auf unbestimmte Zeit auf einen von ihr zu zahlenden Zins einlassen, den sie zukunftsblickend ohne Kündigungsmöglichkeit kaum noch beherrschen könnte. Aus dem Grunde sei – so die Ansicht der Bausparkassen –  eine Lösung vom zugesagten Zins nach Ablauf von zehn Jahren interessengerecht.
Der Kündigung stand auch nicht entgegen, dass die Bedingungen der Bausparkasse selber eine Kündigung bei fristgerechter Bedienung des Darlehens gar ich vorsahen, denn – so das Oberlandesgericht Hamm – § 489 BGB sei zwingendes Recht und könne nicht durch vertragliche Vereinbarung abbedungen werden.
Für die Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm spricht sicherlich die Tatsache, dass der Bausparer es schließlich in der Hand hat, die von ihm beabsichtigte Bausparsumme durch Kündigung ab Zuteilungsreife zu erhalten.

In einem anderen Fall hatte das Landgericht Stuttgart am 12.11.2015 (Az.: 12 O 100/15, als PDF auf der Seite von finanztip.de abrufbar) der Klage eines Bausparers gegen die Kündigung seiner Bausparkasse stattgegeben. Ebenso urteilten das  AG Ludwigsburg (Urteil vom 07.08.2015, Az.: 10 C 1154/15) und das LG Karlsruhe (Urteil vom 09.10.2015, Az.: 7 O 126/15). Nach Medienberichten sind in den vergangenen Jahren über 200.000 Bausparverträge seitens der Bausparkassen gekündigt worden. Ein nächstes oberlandesgerichtliches Urteil zu der unter den Gerichten höchst umstrittenen Frage der Wirksamkeit derartiger Kündigungen wird Ende März 2016 aus Stuttgart erwartet. Ebenfalls wird sich zukünftig der Bundesgerichtshof mit dieser Frage beschäftigen. Jedoch ist mit einem Urteil des BGH vor 2017 kaum zu rechnen. Update 30.03.2016: Das im Beitrag angekündigte oberlandesgerichtliches Urteil aus Stuttgart ist nun ergangen. Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart gab am 30.03.2016 der Berufung einer Bausparerin statt, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrages wehrte. Nachdem die bausparende Klägerin zunächst in erster Instanz beim Landgericht Stuttgart gescheitert war, hat das OLG Stuttgart diese Entscheidung zu Gunsten der Klägerin abgeändert.
Zitat aus der Pressemitteilung: „Der Senat hält die Kündigung der Bausparkasse für unberechtigt. Diese könne sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne. Nach den All-gemeinen Bausparbedingungen (§ 5 Abs. 1 ABB) sei der Bausparer verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Guthaben nicht vollständig empfangen. Der Zeitpunkt der Zuteilungsreife spiele nach den Vertragsbedingungen keine Rolle.

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Sonstiges

„Freunde finden“ – Das Urteil des Bundesgerichtshofs zu unzulässiger E-Mail Werbung durch Facebook

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14. Januar 2016 – I ZR 65/14 – Freunde finden (Pressemeldung)

  • Die mit der 2010er Funktion „Freunde finden“ an nicht bei Facebook registrierte Personen versendeten Einladungs-E-Mails des sozialen Netzwerks Facebook stellen eine wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung dar.
  • Im Rahmen des 2010 zur Verfügung gestellten Registrierungsvorgangs für diese Funktion werden die Nutzer über Art und Umfang der Nutzung der von ihnen importierter E-Mail-Kontaktdaten irregeführt.

Am 14.01.2016 verwarf der Bundesgerichtshof eine Revision des beklagten Unternehmens Facebook gegen das dem klagenden Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland stattgebende vorinstanzliche Urteil des Berliner Kammergerichts (Urteil vom 24. Januar 2014, AZ: 5 U 42/12).

Der Bundesverband hatte Facebook unter anderem wegen der Gestaltung der von ihr bereit gestellten Funktion „Freunde finden“ (in der Version aus dem Jahr 2010) auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit der Funktion „Freunde finden“ kann ein bei Facebook registrierter Nutzer die bei ihm gespeicherten E-Mail Adressen an Facebook freigeben und automatisiert E-Mails an nicht bei Facebook registrierten Personen mit der Einladung, ebenfalls dem Netzwerk Facebook beizutreten, versenden. Der Verband erkannte darin eine den nicht bei Facebook registrierten Empfänger belästigende Werbung im Sinne des § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG.

Zudem werde der Nutzer, der zur Freigabe seines E-Mail-Adressbestandes aufgefordert werde, nicht hinreichend bzw. zu spät über die Datennutzung durch Facebook informiert.

Nachdem das Landgericht Berlin (Urteil vom 6. März 2012, AZ: 16 O 551/10) der Klage des Verbandes bereits stattgegeben hatte, entschied auch das Kammergericht Berlin, dass solche Einladungs-E-mails, die registrierte Nutzer an nicht registrierte Personen via Facebook versenden keine privaten Mitteilungen der Nutzer seinen, sondern – mangels vorheriger Einwilligung der Adressaten – eine unzulässige Werbemaßnahmen von Facebook. Dies sah der Bundesgerichtshof ebenso und machte deutlich, dass es dabei auch nicht darauf ankäme, ob das Netzwerk selber oder der versendende Nutzer als Absender auftauche.

Facebook hatte dem entgegen gehalten, dass die „Freunde finden“-Funktion eine rein private Nutzung der bei Facebook registrierten Personen sei, um sich ein privates Netzwerk auf Facebook aufzubauen, Facebook habe lediglich „technische Hilfe“ geleistet.
Das sah der BGH jedoch kritisch, zumal bei den Erinnerungs-E-Mails, also jenen E-Mails, die die Funktion versandte, wenn keine Reaktion der Eingeladenen erfolgt war, sogar Facebook als Absender benannte.

Die Entscheidung ist konsequent.

Es ist unbestritten, dass sich ein Adressat einer unverlangt zugesandten Werbe-E-Mail mit Berufung auf §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB wehren und den Absender auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Dabei werden Privatleute durch ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, Unternehmern durch ihr Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt. Zudem stellt das Versenden unverlangter Werbe-E-Mails eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar, die von den in § 8 Abs. 3 UWG Genannten abgemahnt werden kann.
Wer annimmt, eine Einladung, einem sozialen Netzwerk beizutreten, sei etwas anderes als der werblicher Hinweis, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, sollte bedenken, dass Facebooks Produkt eben die Anzahl und Vielfalt der Nutzer selber ist. Erst diese ermöglicht es Facebook, entsprechende zielgerichtete Werbegelder für Anzeigen und andere Werbeformate zu generieren. Hier gilt der gute alte Satz des Internets: „Wenn das Produkt nichts kostet, bist Du selber das Produkt.“